Mittwoch, 17. August 2022

Wieder von vorne

 Es ist kein Wunder, dass ich mich gerade nach meinem Blog und dieser Welt sehne – denn ich habe das Gefühl, wieder ganz am Anfang zu stehen. Deutlich muss ich mir widersprechen, dass es nicht so ist. Dass meine Lage heute eine andere ist. Und ich nie wieder so ausgeliefert sein werde. Aber mich zu überzeugen, ist schwer. Zu tief sitzen die Erinnerungen – im Körper, im Kopf. Ich hatte so sehr gehofft, dass ich die Zeit der existenzbedrohenden Situationen nie wieder erleben müsste. Dass ich meinen Wohnort diesmal selbstbestimmt wechseln würde, weil ich es will.

Das zurückliegende Jahr war krass. Ich habe nach fast zehn Jahren endlich wieder eine Therapie begonnen. Lange hatte ich gebraucht – vor allem, nachdem ich von meiner Beraterin geghostet worden war und das Gefühl hatte, meinem Urteilsvermögen nie mehr vertrauen zu können. Ich wollte erst Therapie machen, wenn meine äußeren Umstände einigermaßen stabil sind. Und das waren sie! Ich hatte zwar eine längere, schwerere depressive Phase. Ich war in eine Art Co-Abhängigkeit gerutscht, während ich versuchte, meine Partnerin auf ihrem Weg durch Kurzarbeit, Klinik und Borderline-Diagnose zu unterstützen. Aber ich hatte Hoffnung. Beruflichen Erfolg – auch wenn die öffentliche Aufmerksamkeit mir zu schaffen machte. Vor allem hatte ich das Gefühl, dass es immer weiter geht – sich meine Lebensumstände zwar in stetigem Auf und Ab, doch auch stetig verbesserten. Ich bin selbstständig, schuldenfrei, von niemandem direkt finanziell abhängig, habe ein Dach überm Kopf, eine Beziehung und einige wunderbare Menschen in meinem Leben.

Und nun hatte ich auch noch das unverschämte Glück, schnell einen Therapieplatz zu bekommen. Die einzige Rückmeldung auf all meine vielen Anfragen, aber ich hatte zunächst das Gefühl, es könnte einigermaßen passen. Tja, dann ging es los: Nur anderthalb Wochen nach meinem Erstgespräch Ende November starb mein Opa nach einigen Tagen im Krankenhaus. Er war der einzige Mensch in der Herkunftsfamilie, mit dem ich mich wirklich gut verstanden hatte. Bevor ich mir erlaubte, mehr Infos über seine Zustandsverschlechterung einzuholen, entschied ich mich noch dafür, weiter mit der Therapeutin zu arbeiten. 

Ich erzählte erst gar nicht, dass er gestorben war. Ein Fotoshooting sagte ich ab, doch ansonsten powerte ich durch. Es lenkte ab. Nahm alle Termine wahr, sogar ein anstrengendes Wochenende fast direkt nach der unglücklichen Nachricht. Natürlich hatte ich damit gerechnet, dass das irgendwann passiert. Aber es fühlte sich an, wie das weltschlechteste Timing. Neva hatte gerade ihren zweiten Klinikaufenthalt. Ich war allein, ich hatte viel zu tun, ich musste für sie stark sein.

Der große Crash

Das ging einige Zeit gut. Ich verbrachte Weihnachten mit Freund*innen, konnte sogar schon wieder lachen. Silvester blieb ich allein. Anna kam zurück. Ich startete etwas angeschlagen, aber doch fleißig in das neue Jahr. Die Beerdigung war schlimm. Doch ich schaffte es, noch eine Weile weiter zu verdrängen. Dennoch merkte ich, dass mir alles zu viel wurde. Immer wieder schrieb ich es in mein Tagebuch. Jede Nachricht, jede Anfrage, jeder Social-Media-Kommentar, jedes Thema, zu dem man unbedingt etwas sagen sollte, jede schlimme Sache, die auf der Welt so passiert ist, jeder Auftrag, jedes Bedürfnis anderer Menschen, das von mir erfüllt werden wollte, die stetige Angst, etwas falsch zu machen, im Internet wieder hämisch bewertet zu werden... 

Im Februar dann der große Crash: Krise. Ein Abend mit Alkohol, allein. Eine Woche voll Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen und Flüssigkeitsverlust. Eine Nacht in der Notaufnahme. Ein Monat krank (zum ersten Mal, seit ich selbstständig bin). Das Wort Burnout. Die Empfehlung, auf eine Krisenstation zu gehen. Ich floh lieber zu meiner Freundin. 

Irgendwann geht jede Krisenakutphase vorbei, weil das kein Mensch ewig aushalten kann. Ich machte also irgendwie weiter. Mit halber Geschwindigkeit oder angezogener Handbremse, wie meine Therapeutin sagt. Wir fetzten uns ganz schön heftig, weil bei ihr immer wieder mein Autoritätsproblem ansprang. Bis ich es verstand. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich die richtige für mich ist. Den Umständen entsprechend, was für ein Privileg es ist, überhaupt einen Platz zu haben, bin ich jedoch zufrieden. Auch wenn ich oft denke: Ich sollte Platz machen für einen Menschen, dem es schlechter geht oder der es mehr will, sich besser einlassen kann und nicht ständig hinterfragt. Doch aus genau diesem Denken habe ich Jahre gewartet. Vielleicht der Grund dafür, dass das Fass schon zu voll war, um sich kontrolliert öffnen zu lassen.

Bereit, weiterzumachen – aber dann...

Nun hatte ich einen Monat Sommerpause. Einen tollen Urlaub mit meiner Freundin. Den ersten Besuch bei meiner Oma überlebt. Und noch mal eine Woche bei Neva verbracht. Und es ging mir an manchen Tagen wirklich gut. Andere waren wieder von Antriebslosigkeit und all dem geprägt. Doch ich hatte das leise Gefühl, jetzt bereit zu sein: losgehen und sinnvoll weitermachen zu können.

Ich kam nach Hause, vor drei Tagen. Der erste Arbeitstag war schwierig. Aber das ist nach der Pause ja normal. Ich dachte, ich brauche einfach nur noch einen Tag, um anzukommen. Schrieb in mein Tagebuch, wie schwer es ist, die guten Zeiten zu genießen, wenn doch dahinter unweigerlich wieder eine schlechte lauert. Auch wenn es danach wieder bergauf geht – immer – ist dieses Hin und Her doch unglaublich anstrengend. Realität rezidivierender Depressionen, wie meine aktuelle Diagnose lautet. 

Als hätte ich es heraufbeschworen, bat mich am Abend meine Mitbewohnerin zum Gespräch. Ich wusste sofort, was los ist. Spürte sofort diese schrecklichen, schrecklichen Gefühle. Und wie sie so ist, sagte sie nicht einfach nur, dass sie mit ihrem Freund zusammenziehen wolle. Sie musste noch schön nachtreten – bloß keine Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen übernehmen und die Schuld den anderen geben. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, sie so einzuschätzen. Niemand hätte sie so eingeschätzt und ich habe alles gegeben, ihr wohlwollend und verständnisvoll entgegenzutreten. 

Vor einiger Zeit wollte sie, dass ich mehr Miete bezahle, weil sie gerade nicht so viel verdiente. Ich hätte es sogar gemacht, obwohl ich von ihren stattlichen Rücklagen weiß. Trotzdem sagte sie, es wäre ja echt nett von ihr, schließlich könnte sie mich auch einfach dazu zwingen. Sie sagte mir auch, sie wolle sich eh eine kleinere Wohnung suchen. Und ich bat sie, zu versuchen, mich in den Hauptmietvertrag aufzunehmen, damit ich dann in unserer Wohnung bleiben könnte. Sie dachte darüber nach und sagte dann, dass sie das nicht wolle. Die Begründung: Sie wolle „schon die Macht behalten“ – und sie hat wirklich „Macht“ gesagt. Da war ich so enttäuscht von ihr, dass ich dachte: Nun sind wir keine Freundinnen mehr.

Jetzt hat sie wieder so etwas gesagt: Ich hätte mir plötzlich Raum genommen und sie hätte sich dadurch  nicht mehr wie eine Hauptmieterin gefühlt, sei kleiner und kleiner geworden. Dabei zahlen wir genau gleich viel Miete. Ich habe sie immer gefragt, ob es für sie in Ordnung ist, dass ich das Wohnzimmer zum Arbeiten nutze. Immer versucht, sie in die Gestaltung der Gemeinschaftsräume einzubinden, seit unser dritter Mitbewohner ausgezogen war. Sie sagte nur, dass sie ihr Zuhause sowieso nur als Schlafplatz sieht und es ihr egal ist. Trotzdem habe ich immer wieder gefragt. Sie hat nie gesagt, dass sie das stört. Ich verstehe sogar, dass sie so etwas denkt – sich bedroht fühlt, wenn sie sich die einzige Macht verliert, die sie zu haben glaubt. Aber dass sie es nicht reflektieren kann und mir vorwirft – das verletzt mich. Ich dachte, wir teilen etwas. Kennen uns nun so lange. Ich bin enttäuscht von ihr.

Natürlich war klar, dass so etwas irgendwann passieren würde. Ich habe schon letztes Jahr intensiv gesucht, weil ich es wollte, aber in der großen Stadt ist es aussichtslos. Als Selbstständige sowieso – obwohl ich mehr Geld habe als im Angestelltenverhältnis. Sie kann nichts dafür. Ich kann nichts dafür. Es ist so. Und nun habe ich eine Deadline. Eine schriftliche Kündigung. Und je früher ich verschwinde, desto besser. 

Ich hätte wirklich gerne eine eigene Wohnung. Zu einem anderen Zeitpunkt würde ich vielleicht auch mit Neva zusammenziehen. Aber wir haben uns fürs erste dagegen entschieden – und ich mich zur Therapie. Ich solle doch pendeln, sagt meine Mitbewohnerin. Schwärmte mich voll damit, was sie aus der Wohnung nach meinem Auszug machen will. Taktgefühl ist wirklich nicht ihre Stärke.

Aber ich werfe ihr nicht vor, dass sie mich rauswirft. Ich verstehe es. Ich freue mich für sie! Ich bin selbst der Meinung, dass die Zeit unseres Zusammenwohnens schon seit ein oder zwei Jahren abläuft. In einer anderen Stadt, einer anderen Welt, mit einer anderen Arbeit wäre vielleicht alles anders – wenn Wohnraum kein Luxus wäre. 

Erlaubnis, verzweifelt zu sein

So und mit all meinen schlimmen Erfahrungen und in meiner aktuellen Situation – reißt diese Nachricht mir den Boden unter den Füßen weg. Ja, ich habe vorübergehende Übernachtungsangebote, darf meine Sachen bei jemandem unterstellen und könnte sogar das Büro eines Freundes zum Arbeiten nutzen. Ich könnte mir auch ein Hotelzimmer oder Ähnliches leisten für ein paar Wochen. Aber ich will das nicht. Ich will nicht wieder von einem Ort zum anderen, einem Schlafplatz zum nächsten pendeln müssen. Es sollte nicht sein, dass sich mein Leben in zehn Jahren so verbessern konnte und nun doch alles zerbricht, was ich mir aufgebaut habe.

Ich bin verzweifelt und niemand versteht die Dramatik, der nicht selbst das Gefühl dieser Ausweglosigkeit kennt, nicht selbst erfahren hat, wie es ist, keinen festen Ort zu haben, von dem du nicht jederzeit vertrieben werden kannst.

Immer und immer wieder spiele ich meine Situation herunter. Schreibe auf Instagram, ich hätte Lust auf die Arbeit, aber gegen eine weitere Woche Urlaub nichts einzuwenden. Dabei ist es nicht Faulheit, sondern Depression, die mich lähmt. Ich bin unehrlich zu mir selbst. Sage immer: Ich schaff das schon. Mach dir keine Sorgen. Kümmer dich nicht um mich. Ich bin für dich da. Nicht umgekehrt. Ich komm schon zurecht. Es geht mir zu gut, um Anspruch auf Unterstützung zu haben. Immer einen motivierenden Spruch auf den Lippen, den ich selbst nicht glauben kann. 

Natürlich ist es nicht immer so. Aber jetzt gerade. Möchte ich einfach auch mal verzweifelt und traurig und wütend sein dürfen. Nicht immer vernünftig und genügsam und erwachsen. Ich werde weitermachen, ich versuche es, ich werde es schaffen, irgendwas hat sich immer ergeben. Ja. Ich weiß. Und trotzdem wünsche ich mir, auch mal darin gesehen zu werden, wie schwer und scheiße und anstrengend das alles ist. Nur weil es nach außen so wirkt, ist kein Mensch immer stark. Oder hat Lust darauf, stark zu sein. Und das „gebrochene Mädchen“, dem nichts zugetraut wird (ich kenne beide Extreme), ist nicht die einzige Alternative. Es gibt so viel dazwischen. 

Es ist nicht einfach. Und es wird nicht einfacher, je mehr Mist in der Welt passiert, je bewusster uns unsere Privilegien werden und je härter danach geurteilt wird, wie schlimm jemand leidet. Bei sich zu sein. Wenn ich mich mir nähere, scheint alles brandgefährlich und kurz vorm Explodieren zu sein. Deshalb war ich so lange weg. Von mir. Kaum bin ich wieder da, passiert tatsächlich nur Scheiße. Aber vielleicht ist das auch einfach Zufall.

Ich habe es so vermisst, einfach mal alles rauszulassen und dabei gelesen zu werden. (Ich bin schon beim dritten Tagebuch dieses Jahr.) Und ich freue mich, falls hier wirklich noch jemand mitliest, über jeden Aufruf und jedes Wort. Niemand kann mir gerade helfen und ich komme wirklich schon klar. Trotzdem hilft es manchmal, einfach nicht allein mit den Gedanken zu sein. Ich bin so dankbar für meine Freund*innen, die mich in (fast) allen Stufen des Dramas aushalten.

Glitzer an dich 💖💖💖



Sonntag, 18. Juli 2021

Gedankenvoll an einem leeren Sonntag

 Heute ist so ein Tag, an dem nichts geht. Ich wollte eigentlich arbeiten, weil ich unter der Woche an Nevas freien Tagen bei ihr war und nur wenig erledigt habe. Zum Glück ist noch etwas Zeit, da nächste Woche ein Ganztagstermin ausfällt. Jedenfalls bin ich nur am Prokrastinieren. Ich habe schlecht geträumt, mich dann aber heute morgen ganz wohl gefühlt. Ich lag mit einem Buch und Kaffee im Bett, den Blick aus dem Fenster auf den sonnenbeschienenen Laubbaum im Hof gerichtet. Die Vögel zwitschern, Tauben gurren, das Übliche. Gestern war auch ein ziemlich schöner Tag. Ich war unterwegs mit einer Kollegin, die ich über Instagram kennengelernt und schon zweimal getroffen habe. Sie ist kürzlich nach Berlin gezogen. Zuerst war sie mir suspekt mit ihrer lauten, raumgreifenden Art, wirkte auf mich wie ein unheimlich karriereorientierter Mensch, der sein Leben voll im Griff hat und die halbe Welt kennt, gefühlt immer bedacht auf den eigenen Vorteil. Ich hatte das Gefühl, sie wollte mich nur ausnutzen.

Mittlerweile habe ich einen neuen Blick auf sie gewonnen. Als wir mal eine halbe Nacht über alles mögliche geschrieben und kurze Zeit später zusammen einen Talk über Mental Health gemacht haben, änderte sich meine Haltung und ich merkte, dass ich bereitwillig in die Falle getappt war. Da stand ich mal auf der anderen Seite des Panzers. Ich wundere und ärgere mich immer wieder darüber, dass andere in mir oft die Starke, Krasse sehen, die ihr Leben „trotz“ allem so gut im Griff hat. Zu gut, um wahr zu sein! Wer mich länger liest, weiß: Das ist story of my life. Wenn ich augenscheinlich so gut zurecht komme, kann meine Geschichte entweder nicht stimmen – oder ich werde zum Inspiration P*rn. Was diese Zeit nicht alles für tolle, „relatable“ Begriffe hervorbringt. Wobei ich mich oft auch frage, ob ich diese Begriffe überhaupt nutzen darf, wenn meine Hindernisse doch „nur“ psychische, unsichtbare sind...

Darüber und viele andere Themen, die unsere spezielle Arbeit mit dem Leben vermischen und alles so kompliziert machen, haben wir gestern gesprochen. Dabei haben wir uns Blasen an die Füße gelaufen, Pommes gegessen und Kaffee getrunken. Sechs Stunden lang! Die ersten beiden Treffen waren deutlich oberflächlicher und kühler. Dabei sind es doch in allen Kontexten immer noch menschliche Kontakte. Bei Kund*innen und Auftraggebenden muss es natürlich eine gesunde Distanz geben. Aber mit dieser Kollegin bewege ich mich jetzt vielleicht in eine freundschaftliche Richtung. Zu ungefähr so einer Art von Kontakten riet mir auch meine Beraterin – bevor sie mich ghostete. 😅 

Heute ist es zum Verzweifeln. Ich habe in den letzten sechs Stunden nichts gemacht außer einen kurzen Newsletter mit einem Veranstaltungshinweis zu verfassen. Aber auch nichts Freizeitmäßiges oder Entspannendes! Meine Zeit habe ich mit mehr oder weniger sinnlosen Recherchen oder hirnleerem Social-Media-Scrollen verbracht. Und ich versuche schon seit ein paar Tagen, die Daten auf einer Speicherkarte zu retten, die aus unerfindlichen Gründen ständig formatiert werden will. Als sie das erste Mal rumgesponnen hat, habe ich alle Daten auf meinen Laptop kopiert – dachte ich. Ausgerechnet der wichtigste Ordner wurde übersprungen. Es gibt natürlich noch ein älteres Backup, allerdings ist ein halber Text weg, den ich doch ungern noch mal von vorne schreiben würde. Und das Programm, das ich nun ausprobiere, sucht seit heute Mittag nach Daten und ist immer noch nicht fertig. Ich hätte natürlich mit einem anderen Text anfangen können, aber irgendwie kam es dazu nicht. Manchmal gibt es so Tage. Ich wollte eigentlich Sims spielen, doch irgendwie bin ich jetzt hier gelandet. Immerhin sitze ich auf dem Balkon, esse Schokolade und spüre dem Kopfschmerz nach, der sich hinter meiner Stirn ausbreitet.

Es gibt so viel zum Nachdenken, dass es mich überfordert. Krise auf Krise, Nachricht auf Nachricht – ich kann es einfach nicht verarbeiten. Nichts Sinnvolles dazu sagen. Aber ich hoffe, ihr seid alle in Sicherheit. 💖

Bald habe ich Sommerpause. Dann muss ich mich einen Monat lang nicht mehr nach außen präsentieren. Alle Erwartungen einmal ausblenden. Ich merke gerade, wie nötig ich es habe und wie sehr es höchste Zeit ist, wenn ich nicht ausbrennen will. Darüber muss ich immer ein bisschen lachen, weil ich doch so viel weniger mache als all die anderen, so faul und unfähig bin. Und mich dann korrigieren, denn eigentlich steht mir nur weniger Energie zur Verfügung als anderen. Weil der Rest dafür draufgeht, den Panzer aufrechtzuerhalten, die Mauer in meinem Kopf, die mich vor all dem Schrecklichen da drin bewahrt. Unsortiert und unbeachtet liegt es dort rum. So wird es wohl noch eine Weile bleiben müssen, denn ich habe kein Supportsystem, das mich auffängt. Ich muss erst genug Geld verdienen, um mir längeres Kranksein leisten zu können. Oder auch nur das Risiko, längere Zeit auszufallen. Und ich kann mich auch emotional nicht fallen lassen. Nicht solange ich Teil von Nevas Auffangsystem bin. Klar, das ist freiwillig, aber ich weiß, dass sie mich allein nicht halten kann, dass es ihr erst selbst bessergehen muss. Und ohne sie tut sich ja nur ein leeres Loch auf. 

Das Funktionieren auf einem hohen Level hat immer auch einen hohen Preis. Es ist die Notwendigkeit, die sich aus Alternativlosigkeit ergibt. Wenn man nicht sterben gehen möchte. Es bedeutet, einen Teil von sich selbst verkümmern zu lassen, den Kontakt zu sich selbst immer wieder zu verlieren. In einen Teufelskreis zu geraten: Niemand ist da – ich muss funktionieren – ich funktioniere – niemand hält es für notwendig, da zu sein – 

Es ist schwierig, weil du auch nie so genau weißt, wie es dir wirklich geht. Objektiv betrachtet müsste es dir doch eigentlich gut gehen, es gibt keine sichtbaren Gründe für das subjektive Empfinden, nichts auf die Reihe zu kriegen, nicht richtig am Leben zu sein. Manchmal kommen Momente des Bewusstseins, ob positiv oder negativ, doch zwischendurch fühlt es sich an, als wärst du gar nicht richtig da, würdest über dir schweben und alles nur dumpf und diffus wie durch einen dicken schweren Vorhang wahrnehmen. Aber von außen merkt es keine*r, der Vorhang ist für sie vollkommen unsichtbar! Es scheint manchmal unbegreiflich, dass sie ihn nicht sehen können!! 

Das Leben ist so komplex und im Internet versuchen alle, dem mit eindimensionalen Lösungen und Denkansätzen zu begegnen. Mit Idealen, die nur für diejenigen ideal sind, die das Ideal mitbegründen. Es ist unmöglich, alle mitzudenken in einer „perfekten“ Lösung, weil Perfektion immer einseitig ist.

Am Ende müssen wir alle selbst herausfinden, wie wir unser Leben leben können und wollen, was wir brauchen und was nicht, wer uns beeinflussen darf und wer nicht, was für mich richtig ist und was nicht. Das darf und wird immer unterschiedlich sein.

Was denkst du dazu?

Die Sonne scheint auf zwei grüne Laubbäume in einem Park

Samstag, 3. Juli 2021

Vom Freisein, vom Schreiben, von Schubladen und Beschränkungen

 Danke. Zu meinem letzten Post habe ich unerwarteterweise ein paar tolle Kommentare bekommen. Von Menschen, die weiter lesen wollen. Die selbst noch schreiben. Oder sogar wieder einen Blog eröffnen, so wie Sunshine. Dass hier eine Person ist, die schon mit 12 auf Blogger mitgelesen hat und jetzt 19 ist, so alt wie ich, als ich hier anfing, ist irgendwie unglaublich! Jemand schrieb mir schon letztes Jahr zu meinem Abschiedspost: „Ich bin mit deinem Blog erwachsen geworden. Du hast mein Leben verändert.“ Das hat mich damals zum Weinen gebracht und treibt mir schon wieder die Tränchen in die Augen. Ich bin eben doch tief im Innersten etwas sentimental. 

Ihr habt mir gezeigt: Ich bin frei hier zu schreiben, egal, wer noch da ist und wer nicht. Jedes Lesen zählt. Es geht darum, sich alles von der Seele zu schreiben und Menschen zu finden, die zuhören. Hier zählt es gerade nicht, wie viele Follows wir haben. Überall sonst ist das für mich inzwischen wichtig. Klicks, Reichweite, Öffnungsraten, Conversions, von zahlenden Kund*innen hängt meine Existenz da draußen ab. Neben allem, was ich an meiner Arbeit liebe, möchte ich ihr doch oft entfliehen – der Aufmerksamkeitsökonomie. The Social Dilemma auf Netflix ist sicherlich etwas überdramatisiert. Aber niemand kann leugnen, dass sich das Internet in den letzten acht Jahren rasant und stark verändert hat.

Damit umgehen zu lernen ist nicht leicht. Alles dreht sich manchmal viel zu schnell, gerade in dieser Zeit, die wenig Reize von außen bietet. Von draußen! Einmal bin ich ganz bewusst und achtsam spazieren gegangen. Und dann wurde mir plötzlich bewusst, dass ich mich in der physischen Welt befinde, der Welt zum Anfassen. Ich habe Blumen und Blätter und das Gras berührt. In den Himmel geschaut und immer weiter und weiter geguckt, ohne Bildschirmrand drumherum. Ich habe den Vögeln zugehört, gespürt, wie eine Taube nah an mir vorbei flog, den Wind wahrgenommen. 

Das ist schon ein bisschen her. Zu Beginn des Frühlings. Heute kommt mir dieser Moment fast albern vor. Jetzt spüre ich ja auch gerade den Wind an den Füßen, der zum Fenster hereinweht. Ich habe aber auch einige Maßnahmen getroffen, die mich wieder ins Hier und Jetzt zurückholen. Und doch verliere ich mich manchmal wieder in den Problemen und Diskussionen anderer Leute, vergesse ich meine Prioritäten und fühle die Panik einer anderen. Das ist doch verrückt, wie man die Gefühle anderer Leute auf sich selbst projizieren kann? Ich verhalte mich doch gar nicht so, mir ist so was auch noch nie passiert, wovor also sollte ich Angst haben?

Ich liebe es gerade so sehr, wie ich mich in meinen Gedanken verliere, Assoziation für Assoziation einfach weiter schreibe. Das fehlt. Du schreibst einfach anders, sobald mehr als 1000 Leute dir auf die Finger schauen. Immer im Kopf, welche Gruppe was wie interpretieren könnte. Fragst dich, wie du gleichzeitig korrekte Formulierungen verwenden und dich verständlich machen kannst. Löschst Hate löschst Hate löschst Hate. Und kein Fehler wird dir verziehen. Und die Diskussionskultur kann nicht kritisiert werden, weil irgendwelche Leute dieses mal konstruktive Instrument des Kritisierens für ihre Zwecke missbrauchen, um sich selbst darzustellen und von den eigenen Fehltritten abzulenken. Manchmal fühle ich mich wie im Kindergarten und keine Gruppe ist besser als die andere. Aber ich vielleicht auch nicht. Es ist kompliziert.

Ich bin also hier. Vor über vier Jahren habe ich einen Post über die zwei Welten geteilt, den ich für euch wieder auf öffentlich gestellt habe. Ich fühlte mich zwischen den Welten und obwohl ich wenig später Zutritt zu einer der kleinen Welten erhielt, spürte ich bald, dass ich nicht passte, die Codes nicht kannte und mich auch niemand in sie einführte – sodass diese Welt mich bald ghostete. Jetzt merke ich, dass sich innerhalb der kleinen Welten noch kleinere Welten befinden und darin womöglich noch winzigere, fein säuberlich in Schubladen sortiert. Und ich passe wieder nicht! Jede Definition fühlt sich zu eng an, jedes Label beschränkt.

Hier, in der Blogger-Welt, sind wir alle kleine Welten. Natürlich passt es nicht mit allen. Und doch hatte ich hier zum ersten und einzigen Mal das Gefühl, einer Gemeinschaft, einer „Community“ anzugehören, Teil einer Gruppe zu sein, in der ich einen Platz habe. Nichts verpflichtet mich, hier zu sein oder in einer bestimmten Regelmäßigkeit zu posten. So viele andere sind einfach wortlos verschwunden. Doch jedes Mal, wenn ich schreibe, ist jemand hier. Liest jemand mit. Schreibt mir ein paar Worte. Jeder Blog ist ein eigenes kleines Universum, in dem wir die Regeln schreiben. Wen wir in unserer Leseliste haben, wessen Postings wir wann sehen, bestimmt hier kein Algorithmus. Auch wenn das ziemlich oldschool ist und wir immer noch eine Google-Plattform nutzen...

Ich werde hier sein, so lange und so oft ich möchte. Nichts versprechen und versuchen, nicht mehr so viel über verschwundene Blogger*innen zu meckern. :D 

Und ich freue mich über dich, weil du das hier immer noch liest. Danke! Und sollte ich mich doch wieder einmal länger nicht melden, erreichst du mich immer unter elfentrauma@web.de. 💖

Abendhimmel mit zartrosa und lilafarbenen Wolken


Samstag, 26. Juni 2021

Wie geht es weiter?

 Ein kleines Hallo nach längerer Zeit. Ich habe jede eurer Nachrichten und jeden Kommentar zu meinem letzten Post gelesen, auch wenn ich nicht geantwortet habe! Wenn ich in den Statistiken sehe, wie viele Leute meine Postings aufrufen und wie wenige sich für eine Einladung zu einem privaten Blog gemeldet haben – dann wird mir schwer ums Herz. So viel Liebe und ein so großer Teil meines Lebens steckt in ElfenTraum(a). Acht Jahre existiert dieser Blog nun bald schon, fünf Jahre habe ich ihn aktiv geführt.

Es bringt nicht viel, alten Medien und Kommunikationswegen hinterherzutrauern. Ich versuche ja eigentlich, eher keine Kulturpessimistin zu sein. Ich finde nur einfach keinen Ort, keinen Raum, an dem ich mich so ausleben kann wie einst hier. Wie macht ihr das? Habt ihr andere Wege gefunden? Oder schweigt ihr? Lebt ihr euer Leben? Seid ihr „glücklich“? Oder verdrängt ihr nur? 

Ich weiß manchmal selbst nicht, wie ich diese Fragen beantworten würde. Ein unverarbeitetes Trauma bleibt unverarbeitet, auch wenn sich die schönsten Möglichkeiten ergeben. Dieses Jahr ist schwer für mich. Nicht von außen betrachtet, aber im Innen. Es fordert mich heraus, stellt mich auf eine Bühne, macht mich so sichtbar und verletzlich, dass ich mich wieder mehr nach einem anonymen Raum sehne, in dem keine*r weiß, wer ich eigentlich bin.

Einige wichtige Menschen aus dieser Welt hier haben inzwischen ein Gesicht zu meinen Zeilen – das ist schön und beängstigend zugleich. Kürzlich war ich in einem Freizeitraum, vermeintlich undercover, doch dann sprach mich jemand an: Du bist doch XY, ich kenne dich aus dem Internet! Nein, ich bin keine Influencerin oder so.^^ Aber durch meine Arbeit in meiner Branche und bestimmten Kontexten an bestimmten Orten eben doch manchen bekannt. Und ich hätte nicht gedacht, dass ich es so anstrengend und unerträglich finden würde. Wenn eine Freundin mich Freund*innen vorstellt und gleich stolz erzählt, was ich mache – dann denke ich: Nein, sag es nicht, lass mich doch bitte einmal nur Ich sein und nicht dieses Thema. Ich weiß gar nicht mehr, wer ich bin, wenn ich nicht „meine Arbeit“ bin. Dabei ist das gerade erst der Anfang, bin ich immer noch winzig klein und im Großen und Ganzen völlig unbedeutend.

Manchmal denke ich, ich muss auswandern. Mich verkriechen. Alles hinschmeißen und wieder irgendeinen anonymen Schreibtischjob annehmen. Vielleicht ist das nur Wachstum und es tut noch eine Weile weh, bis ich drüber weg komme. Vielleicht ist es die Angst, die ich zum ersten Mal in meinem Leben versuche zuzugeben. Vielleicht bin ich doch nicht gemacht für diese Welt. Verrenne mich in etwas, das ich selbst nie wollte. Ich weiß es nicht, was richtig und falsch ist – als hätte ich meine Intuition verloren. Oder niemals eine eigene Intuition gehabt. Ich durfte als Kind nie Raum einnehmen, nie selbst entscheiden, konnte mich nicht frei entfalten. Vielleicht weiß ich auch deshalb nicht, woher ich wissen soll, was ich will.

Mit diesem Blog ist es wohl ähnlich. Ich habe alle Postings auf Entwurf gestellt, aber ein halbes Jahr gebraucht, um mich dazu zu überwinden. Ich könnte nicht einfach alles löschen – manche hier machen das ja. Ich kann nichts loslassen von dem Wenigen, das mir Halt gibt. Vielleicht lasse ich jeden Post für eine Weile online und setze ihn dann wieder zurück auf Entwurf? Oder ich erstelle einen Zweitblog mit Einladung? Ich weiß es nicht. Ich würde sicher nicht allzu regelmäßig posten. Aber vielleicht mehr als einmal im Jahr... Denn auch wenn kaum noch jemand schreibt, scheinen einige noch zu lesen. 💖

Wie habt ihr die Umbrüche in eurem Sein erlebt? Das Erwachsenwerden? Den „Karrierestart“? Findet ihr es manchmal komisch, wie alles weitergeht? Ihr auf einmal all diese Dinge tut, die, als wir hier bei Blogger starteten, noch so weit entfernt erschienen? Schreibt es mir!


Weiße, lilafarbene und hellblaue Blüten auf weißem Hintergrund


Donnerstag, 3. Dezember 2020

Tschüss! – ElfenTraum(a) wird privat.

 Ihr Lieben.

Die meisten wunderbaren Menschen, die mich in über sieben Jahren hier in der Bloggerwelt begleitet haben, werden das hier wohl nicht lesen. Es geht ihnen sicherlich so wie mir: Sie leben ihr Leben, haben Strategien gefunden, mit allem umzugehen, sind vielleicht in beruflichen Positionen angekommen, die sie nicht wieder verlieren wollen. Und haben das Vertrauen, die Naivität verloren, zu glauben, ihre Anonymität wäre in dieser Welt ausreichend geschützt. 

Ich hoffe natürlich, dass es euch nicht so geht. Aber vielleicht verspürt ihr auch manchmal diese Einsamkeit, diese Sehnsucht nach der Zeit, als es hier noch schwirrte wie in einem Bienenstock und wir einander so viel Halt und warme Worte gaben. Und dann öffnet ihr die Blogger-Website und seht, dass hier, naja, alles ein bisschen moosbewachsen und verlassen ist, aber immer mal jemand etwas schreibt. Ein Versuch, diesen Ort wiederzubeleben, der ein kurzes Gefühl der Hoffnung schenkt, unsere Welt noch einmal aufglitzern lässt. 

Wir haben hier Kontakte geknüpft, die sich zu Freundschaften fürs Leben oder sogar Liebesbeziehungen entwickelten. Ich bin diesem Ort, euch, so dankbar, dass er mich durch so schwierige Zeiten meines Lebens getragen hat. Ich möchte ihn festhalten, doch ich versuche etwas festzuhalten, das nicht mehr so existiert wie früher. Ich habe Angst, zugeben zu müssen, dass es nun keinen Ort mehr gibt, an dem ich ganz ich selbst sein kann. Auch wenn das so natürlich nicht stimmt. Es ist eine Übertreibung aus einem Moment heraus. Ein Gefühl, das mich schon lange quält. Aber natürlich habe ich jetzt Menschen in meinem Leben, bei denen ich mehr Ich sein kann als je zuvor. 

Und doch ist es nicht dasselbe wie dieser Ort. Kein freies In-die-Welt-Hinausposaunen, wer ich wirklich bin. Das hier war mein Schrank, an dessen Rückwand sich eine Hintertür in eine einzigartige (Traum)welt öffnete. Es waren die Verbindungen über das Internet, die mich mehr als einmal gerettet haben. Doch das Internet hat sich verändert. Und auch mein Leben hat sich verändert.

Mein Leben und mein Tun werden öffentlicher und ich dadurch angreifbarer. Und ich möchte jenen, die danach suchen, nicht meine eine große Schwachstelle präsentieren. Mein ungeschöntes Ich auf einer öffentlich zugänglichen Website... 

Ich wünschte, die Welt wäre anders und würde Traumaerfahrene nicht so unendlich tabuisieren und stigmatisieren und auf ihre Erfahrung reduzieren. Ja, wir sind weit, aber noch nicht so weit. Ich habe nicht mal ein richtiges Wort für mich. Ich bin nicht krank. Ich will keine Diagnose. Und doch werden mich meine Erfahrungen und ihre Folgen ein Leben lang begleiten. Das ist mein aktueller Stand. All das beeinflusst mein Leben und mein Handeln, aber ich darf es nicht aussprechen. Aus verschiedenen Gründen. Kann und will ich das nicht.

Ich will mich selbst annehmen, doch ich bin viel mehr als „das“. Und ich habe zu viele Leute gesehen, die von dieser Zuschreibung nicht mehr loskamen, schwach und kaputt zu sein. Ich will dieses Label nicht und doch will ich ein Label, eine Zugehörigkeit, eine Gruppe, einen Ort, an den ich passe. Aber ich will nicht diesen sich langsam entfaltenden beruflichen Erfolg gefährden. Vielleicht ist er ja das einzige, was mir im Leben jemals gelingen könnte? 

Ich muss diesen Blog für die Öffentlichkeit schließen, das weiß ich schon lange, doch die Zeit wird immer knapper. Bald ist es so weit. Und ich weiß nicht, was mich erwartet, in diesem vielleicht neuen Abschnitt meines Lebens.

Ob diese Zeilen jemand von euch liest, meine Bloggerweltler:innen? Wenn ja, meldet euch. Schreibt mir eure E-Mail-Adresse in die Kommentare (wird nicht veröffentlicht) oder schreibt an elfentrauma@web.de. Tut das auch, wenn ich eure E-Mail-Adressen schonmal hatte – Datenschutz und so. Ich werde eine sorgsame Auswahl treffen. Und vielleicht sehen wir uns dann auf einem privaten ElfenTraum(a)-Blog. Oder wir finden eine andere Lösung, in Kontakt zu bleiben. Ich wünsche es mir und versuche mich damit abzufinden, so zu handeln, wie ich es niemals wollte. Den Blog auf privat zu schalten. In mein Versteck zurückzukehren. Wieder ein Stück mehr allein in meinem Schrank.

Uff, das hat ein paar Tränchen zum Fließen gebracht. Loslassen ist so, so schwer. Ich bin nicht gut darin. Aber es muss. 

Glitzer und Liebe an euch! 💖💖💖

Lasst mich gern wissen, wie es euch so geht. In dieser Zeit. 

Ich bin immer noch da. Wir sind immer noch da. Wir hatten recht. Danke – für jedes einzelne Wort. 





Montag, 9. September 2019

Update zum 6. Bloggeburtstag



Die Menschen in der U-Bahn sehen alle irgendwie bedröppelt aus. Der Umbruch von Sommersonne zu Herbstregen war hart. Ich küsse Neva zum Abschied und bleibe so lange am Bahnsteig stehen, bis sie und Plattschaf hinter dem Zugfenster verschwunden sind. 

Wie immer um diese Jahreszeit erinnere ich mich an meine ersten Tage in Berlin. Über sechs Jahre sind die jetzt her. Ich erzähle wohl jedes Jahr etwas darüber, aber immer ist es ein anderes Detail, das mir präsent ist. Den ersten Monat verbrachte ich in einem befristeten WG-Zimmer in Prenzlauer Berg, das eine Frau extra an Gäste wie mich viel zu teuer vermietete. Neulinge, die aus der Ferne noch keine Wohnung finden konnten. Ich weiß noch, dass das Zimmer einen Fernseher hatte und ich mir die Wahlergebnisse ansah. 

An einem der ersten Tage in diesem kleinen Berliner Zimmer startete ich meinen Laptop. In meiner Wohnung in der Heimatstadt hatte ich kein WLAN gehabt. Ich erkundete also die YouTube-Welt von 2013. Aber viel wichtiger: Ich startete diesen Blog. Wie eine Freundin aus einem der Foren, nein, unserem Forum. Mindestens sechs dieser Wintermädels habe ich inzwischen persönlich getroffen, Freundschaften geschlossen, mich in eines ver- und entliebt und wieder zurückgefunden zu unseren gemeinsamen Themen. Der Blog verschaffte mir noch viele weitere wertvolle Verbindungen, von denen heute auch einige fester Bestandteil meines Offline-Lebens geworden sind. Eine denkwürdige Nacht war das also vor sechs Jahren, als ich meine allerersten, vorsichtigen Zeilen schrieb. Auch wenn diese Bloggerwelt längst nicht mehr so sicher ist, wie damals geglaubt...

Aber heute habe ich längst nicht mehr so viel Angst davor, mein glitzerndes Selbst zu sein. Tränenglitzernd, seltsamglitzernd, stolzglitzernd. 
(Ich sage nicht, dass sie ganz verschwunden wäre...) 
Ihr wollt sicher ein Update haben, was in meinem Leben so vorgeht? 

Irgendeine von euch hat mir vor Jahren einmal erzählt, dass ein Freund von ihr mit Texten Geld verdient. Das habe ich damals abgetan, damit kann man nur Centbeträge pro Wort verdienen... Das war zumindest mein Studentinnenjob zu dieser Zeit. Immer mal wieder muss ich an diese Nachricht denken, Emilia. Weil du scheinbar in die Zukunft geblickt hast, eine Zukunft, die ich mir niemals hätte vorstellen können. Bis ich vor ungefähr anderthalb Jahren beschloss, mich selbstständig zu machen. Ein Jahr verdiene ich nun schon meinen gesamten Lebensunterhalt als freiberufliche Texterin. Mit einer Spezialisierung, die ich so noch bei keiner anderen gesehen habe – deshalb enthalte ich sie euch hier vor. 

Vielleicht picke ich mir doch die wenigen, die mich noch lesen, zusammen, und stelle den Blog privat? Es ist nicht die leichteste Entscheidung, wisst ihr? Meine Gedanken einzusperren und zu verstecken vor der Welt, irgendwie ist das nicht der Sinn von Blogger...

Ich bin jetzt sichtbarer da draußen im Internet. Vor Kurzem habe ich sogar ein Interview gegeben. Einen Gastbeitrag geschrieben. Mein Name steht jetzt für ein kleines Business. Nicht mehr nur für mich. Manchmal ist das komisch.

Es ist noch gar nicht lange her, dass Z mir sagte, vielleicht könne ich auch irgendwann einen Job haben, in dem ich nicht früh aufstehen müsse. Haha, dachte ich damals noch. Das wird in einem Bürojob niemals der Fall sein. Mal abgesehen davon, dass sich „die Arbeit“ gerade sehr verändert – heute bestimme ich den Rhythmus. Jage keinen verspäteten U-Bahnen mehr nach, während mein Kopf noch gar nicht aus den Träumen der Nacht erwacht ist. Es geht mir körperlich und seelisch besser nur durch die kleine Tatsache, dass ich meinem natürlichen Rhythmus folge! 

Manchmal ist es einsam, das gebe ich zu. Aber nun gibt es Bumble, die Freundschafts-Dating-App. Und ich habe wirklich schon zwei wunderbare Menschen gefunden, mit denen ich über den Small Talk hinaus kam. Mit einer fahre ich sogar in einen kurzen Urlaub ans Meer! (Natürlich war auch die eine oder andere komische, doch spannende Begegnung dabei...) 

Selbstständigsein ist ein großes Thema bei mir. Es ist nicht nur eine berufliche, sondern auch eine ganz private Herausforderung. Es geht ein Lebensstil damit einher. Manchmal ist es schmerzhaft, zu erkennen, wie sehr wir uns selbst begrenzen. Durch familiäre oder gesellschaftliche Prägung, „Das war schon immer so“ und wahnsinnig viele irrationale Ängste. Ich mag ein Ängstlichkeitsprofi sein, doch einen Vorteil habe ich: Ich weiß, wie es sich anfühlt, große Ängste zu überwinden. Denn würde ich das nicht ständig, jeden Tag tun, wäre ich gar nicht lebensfähig. Ich weiß nicht, ob Ängste eines Tages verschwinden, aber ich weiß, es fühlt sich gut an, mit ihnen umgehen zu können. 

Meine Lebensgeschichte macht mich risikobereiter. Es gab und gibt so viele Dinge, die mir andere Menschen nicht zutrauen. Aber gerade solche Dinge gehen mir leichter von der Hand, als beim Bäcker ein Brot zu bestellen...

Ich habe viele Themen aus der Selbstständigkeit, die hier auf dem Blog gut aufgehoben wären. Vom Telefonieren mit Telefonangst über die bekannte Person, zu der du aufschaust und die auf einmal deine Kundin ist, bis zum gefilmten Interview, das nur so gut klappt, weil du dich völlig verrückt gemacht hast und fünf Seiten Vorbereitung vor dir liegen.

Ich bin immer noch in einer Fernbeziehung nach Hamburg, immer noch in mich selbst verstrickt und nein, ich lebe nicht das perfekte Leben, das wir all jenen wünschen, die eines Tages aus der Bloggerwelt verschwunden sind. Mein Ziel ist nicht (mehr?), von irgendetwas geheilt zu werden. Meine Erfahrungen werden für immer Teil meines Lebens sein, es für immer auf irgendeine Art beeinflussen. Aber auch auf eine gute! Wenn ich alles, was ich Komisches erlebt habe, wegzaubern könnte, wer wäre ich dann? 

Ich nehme immer mehr die Vorteile wahr, die Menschen mit psychischen Problemen zur Arbeit mitbringen. Ich wünsche mir, dass die Vorurteile abnehmen und beide Seiten mit einem besseren Gefühl aufeinander zugehen können. Und ja, ich glaube inzwischen, dass das möglich ist. Denn wie ihr vielleicht an meinem kleinen Update seht: Vieles ist möglich, was niemand je für möglich gehalten hätte. Das merke ich auch an dem geschichtlichen Fach, das ich mehr oder weniger nebenbei studiere. 

Hast du schonmal etwas Positives aus einem Problem gezogen? Was war das? Ich würde mich sehr über deinen Kommentar freuen! 💖


Donnerstag, 15. August 2019

Ein kurzes Hallo!

Hallo. Ich bin noch da. Hallo! Ich sitze endlich einmal wieder morgens vor diesem virtuellen weißen Blatt. Das Wasser kocht, gleich ist mein Kaffee fertig. Jeden Tag kann ich jetzt mit Lesen im Bett beginnen, bevor ich den Flur entlang in mein Arbeitszimmer tappe. Keine Hektik am Morgen, keine Züge, die nicht auf mich warten wollen, kein mürrischer Gruß am Empfang im Büro.

Ich genieße dieses Leben. Und manchmal stoße ich an meine Grenzen. Es fällt mir schwer, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Aber gestern ist es mir endlich einmal gelungen. Das war so anstrengend, dass ich das Bedürfnis hatte, früh schlafen zu gehen und heute schon seit zweieinhalb Stunden wach bin.

Es gibt einige Themen, über die ich hier schreiben möchte. Ich habe verschiedene Ideen, die nur darauf warten, dass ich mir die Zeit nehme, sie auszuarbeiten. Fürs Berufliche habe ich gerade einen Blog-Kurs absolviert und er hat mich daran erinnert, wie viel ich durch euch schon gelernt habe über dieses Metier.

Ich habe mich gefreut, hier in letzter Zeit wieder bekannte Blog-Gesichter zu sehen! Die eine oder andere hat einen Kommentar von mir bekommen und es ist so schön, wieder mit euch in Kontakt zu sein! Danke für den kleinen Stups, den ihr mir gegeben habt. Und wenn nur eine Person meine Zeilen liest, wird es sich schon gelohnt haben. Die Statistiken sagen ohnehin, dass es 100, 200 und manchmal noch mehr sind.

Wie geht es euch? Was macht ihr so? Ich will alles wissen! 💖

Das sind einige meiner ersten selbstgepflanzten Blümchen.